F32 oder die Krux mit der Psychosomatik - Teil 3

Dennoch gibt es immer wieder Unsicherheiten in Bezug auf Kodierung der Behandlungsdiagnosen, Leistungserbringung und Dokumentation. Hinzu kommt, dass diese Leistungen oftmals zu Prüfungen der Wirtschaftlichkeit und Plausibilität führen. Daher haben wir Ihnen die wichtigsten Informationen und Knackpunkte in der Umsetzung noch einmal zusammengefasst.
Teil 3: Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen – GNR 35110
Leistungsinhalte
Wenn Patientinnen über Beschwerden klagen, die nicht mit Untersuchungsbefunden und ihren verbalen und nonverbalen Informationen zusammenpassen, können Sie vermuten, dass hier andere (psychische) Ursachen für die Beschwerden eine Rolle spielen. Im ersten Gespräch haben Sie bereits herausgefunden, dass dies tatsächlich der Fall ist und eine entsprechende Diagnose gesetzt.
Nun geht es darum, der Patientin unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Kontakte Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie mit diesen psychosomatischen Beschwerden umgehen kann. Dabei geht es in erster Linie darum durch Gesprächsführung bei der Patientin Einsichten in die psychosomatischen Zusammenhänge zu vermitteln und Bewältigungsfähigkeiten bei der Patientin aufzubauen. Dabei können die Interventionen über einen kürzeren Verlauf erfolgen als auch längerfristig bei chronischen Grunderkrankungen.
Die verbalen Interventionen können nur in Einzelbehandlungen durchgeführt und nicht mit übenden oder suggestiven Interventionen in derselben Sitzung kombiniert werden.
Damit ist der obligate Leistungsinhalt der 35110 folgender:
- Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen
- Systematische Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion
- Dauer mindestens 15 Minuten
Anders als bei der 35100 ergibt sich durch den EBM keine obligate Verpflichtung eines Aktenvermerks. Trotzdem ist es unbedingt empfehlenswert, den Gesprächsanlass, den Gesprächsinhalt und das Ergebnis der verbalen Intervention in der Akte stichwortartig festzuhalten. Andernfalls wird man im Prüfungsfall kaum die Durchführung der verbalen Intervention nachvollziehbar belegen können. Eine Dokumentation z.B. „Gespräch“ oder auch „psychosomatisches Gespräch“ wird regelmäßig als nicht ausreichend erachtet.
Kodierung
Neben einer Diagnose der zugrundeliegenden körperlichen Symptomatik oder den körperlichen Beschwerden, ist immer auch mindestens eine qualifizierende psychische Diagnose notwendig. Anders als bei der Differentialdiagnostischen Klärung der psychosomatischen Krankheitszustände ist für die verbale Intervention eine gesicherte Diagnose notwendig.
Auch hier muss darauf geachtet werden, dass nicht jede Diagnose aus dem Kapitel F der ICD-10 für die Psychosomatik relevant ist. In der Psychotherapie-Richtlinie sind in § 27 Indikationen gelistet, die für Maßnahmen der Psychosomatischen Grundversorgung als qualifizierende Diagnosen geeignet sind:
- Affektive Störungen: depressive Episoden, rezidivierende depressive Störungen, Dysthymie
- Angststörungen und Zwangsstörungen
- Somatoforme Störungen und Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
- Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
- Essstörungen
- Nichtorganische Schlafstörungen
- Sexuelle Funktionsstörungen
- Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen
- Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
Besonderheiten
- Mehrfachberechnung:
Die GNR 35110 hat eine Mindestdauer von 15 Minuten und darf auch bei längeren Gesprächen nur einmal angesetzt werden. Dennoch darf sie bis zu dreimal am Tag abgerechnet werden.
Das bedeutet, nur wenn die Patientin ein Gespräch bzw. eine Sitzung beendet, die Praxis verlässt und später am gleichen Tag noch einmal in die Praxis zu einem weiteren Gespräch kommt, darf die GNR 35110 für beide Gespräche je einmal abgerechnet werden. Voraussetzung dabei ist, dass jedes Gespräch mindestens 15 Minuten gedauert hat.
Es empfiehlt sich, bei der mehrmaligen Abrechnung am Tag, die Uhrzeit in der Abrechnung zu erfassen.
- Ausschlüsse mit anderen Leistungen:
Die GNR 35110 schließt sich in der gleichen Sitzung in erster Linie mit der Differentialdiagnostischen Klärung psychosomatischer Krankheitszustände nach GNR 35100 aus, aber auch mit weiteren Interventionen wie autogenes Training oder Relaxationsbehandlung nach Jacobson (GNR 35111-35113).
Auch die Beratung eines Ehepaares im Rahmen der künstlichen Befruchtung (GNR 08521) kann nicht neben der differentialdiagnostischen Klärung psychosomatischer Krankheitszustände berechnet werden.
Quellen:
- EBM der KBV https://www.kbv.de/html/online-ebm.php
- Psychotherapierichtlinie https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2400/PT-RL_2020-11-20_iK-2021-02-18.pdf