Bundesregierung stellt Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen vor

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens den Turbo zünden. Das BMG hat dazu die Kernelemente seiner lange erwarteten Digitalisierungsstrategie vorgestellt und will mit zwei Gesetzen die Weichen für die digitale Zukunft des Gesundheitswesens stellen. Auch wenn noch manches vage bleibt, die Grundzüge der beiden nächsten Gesetze in Sachen Digitalisierung sind klar erkennbar. Wir geben einen ersten Überblick.

 

Digitalgesetz

  1. Einrichtung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten bis Ende 2024. Dabei soll die sog. Opt-out-Lösung zum Einsatz kommen. Dies bedeutet, für jeden gesetzlich Versicherten wird eine Elektronische Patientenakte (ePA) eingerichtet – es sei denn, er widerspricht. Wie die Daten genau in die Akte kommen sollen, ist weiterhin unklar. Die Datenhoheit liegt auch weiterhin beim Patienten. Das heißt, er entscheidet, welche Daten ein Dritter, z.B. der behandelnde Facharzt, einsehen darf. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass bis 2025 80% der Patienten mit einer ePA ausgestattet sein sollen.
  2. Das eRezept wird zum 1. Januar 2024 verpflichtend eingeführt. Die Nutzung des eRezepts soll aber für alle Beteiligten durch die Nutzung mit der Versichertenkarte (eGK) und perspektivisch auch mit der App zur ePa deutlich einfacher werden. An der grundlegenden technischen Lösung wird sich jedoch nichts ändern, und es wird auch keinen neuen Zeitplan mit den Pilotregionen geben.
  3. Der digitale Medikationsplan soll Pflichtteil der ePA werden und so die Gefahr von ungewollten Wechselwirkungen bei verschriebenen Arzneimitteln minimieren.
  4. Das BMG plant die Einführung eines „Medical Messengers“ zwecks Datenaustausch zwischen Patienten und Arzt. Der Dienst soll mittels einer „Medical-ID“ des Patienten genutzt werden.
  5. Das 30-Prozent-Limit für die Videosprechstunde, soll kurzfristig fallen. Ein genauer Zeitpunkt steht allerdings noch nicht fest.
  6. Die Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH) wird zu einer Digitalagentur in 100% Trägerschaft des Bundes umgewandelt. Damit sind KBV und Krankenkassen in Zukunft nicht mehr an der Entwicklung der TI-Infrastruktur beteiligt und nur noch „digitale Zuschauer“.
  7. Apotheken sollen künftig Videoterminals aufbauen und “assistierte Telemedizin” anbieten dürfen. Diese Leistungen werden durch nicht-ärztliches Gesundheitspersonal der Apotheken durchgeführt. Auch die Einrichtung von Gesundheitskiosken ist möglich, insbesondere in unterversorgten Regionen. Bis 2026 gibt es in mindestens 60 Prozent der hausärztlich unterversorgten Regionen eine Anlaufstelle für assistierte Telemedizin - so die Zielsetzung des BMG.
  8. Disease Management Programme (DMP) sollen um stärker digitalisierte Programmbestandteile wie Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) ergänzt werden.
  9. Ein interdisziplinärer Ausschuss soll die Digitalagentur künftig zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verlieren ihr Vetorecht.
  10. Es wird ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege zur Identifizierung und Verbreitung der Potentiale zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung für Betroffene und Pflegende aufgebaut. Zudem werden Fördermöglichkeiten für Pflegeeinrichtungen zur Umsetzung digitaler Möglichkeiten ausgebaut.

 

Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) soll vor allem die Verwendung sowie Verknüpfung von Versorgungs- und Forschungsdaten erleichtern. Damit soll auch der Forschungsstandort Deutschland gestärkt und eine Abwanderung von Firmen ins Ausland – wie zuletzt bei BioNTech mit dem Aufbau eines Forschungszentrums in England – entgegengewirkt werden.

  1. Eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle wird aufgebaut, um den Zugang zu pseudonymisierten Forschungsdaten aus Quellen wie Krebsregistern, Krankenkassendaten etc. zu ermöglichen und zu erleichtern. Die Daten bleiben dezentral gespeichert.
  2. Die Datenschutzaufsicht für bundesländerübergreifende Forschungsvorhaben wird auf alle Gesundheitsdaten erweitert. Künftig soll nur noch ein Landesdatenschutzbeauftragter für ein länderübergreifendes Forschungsvorhaben zuständig sein.
  3. Im Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim BfArM kann künftig auch die forschende Industrie Anträge auf Datenzugang stellen können. Entscheidend für den Zugang ist künftig der Nutzungszweck, nicht der Antragsteller.
  4. Die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte (ePA) wird vereinfacht. Die Freigabe von ePA-Daten für die Forschung sollen Patienten „nutzerfreundlich“ in einer ePA-App steuern können. Pseudonymisierte ePA-Daten sind automatisch über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) abrufbar.

 

Fazit für die Praxis

Von der Digitalisierungsstrategie dürften ePA und eRezept für die gynäkologische Praxis kurzfristig konkrete Bedeutung haben und den Praxisalltag verändern. Hier sind aber nach wie vor viele Fragen zu klären. Ob sich diese digitalen Anwendungen durchsetzen werden, wird entscheidend von ihrer Anwenderfreundlichkeit und Praktikabilität abhängig sein. Wir werden weiter berichten.

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