Bundesministerium für Arbeit - elektronische Zeiterfassung ante portas

Das Bundesministerium für Arbeit (BMAS) hat einen neuen Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung vorgelegt. Damit bekommen die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) den notwendigen gesetzlichen Rahmen. Auch wenn das Gesetz noch vom Bundestag beschlossen werden muss, lohnt es sich schon einmal, sich mit dem Thema näher auseinanderzusetzen.

 

Hintergrund

Der EuGH hatte bereits 2019 die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die tägliche Arbeitszeit der Beschäftigten objektiv und verlässlich dokumentiert werden kann. Das BAG bestätigte dies 2022 mit seinem Grundsatzurteil zur Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit in Deutschland.

Was ändert sich?

Anders als bisher müssen Arbeitgeber nun nicht mehr nur die Überstunden, sondern Beginn, Ende und Dauer der gesamten täglichen Arbeitszeit aufzeichnen - und zwar elektronisch und in der Regel noch am selben Tag. Die Aufzeichnung soll auch an einem anderen Tag erfolgen können, spätestens aber bis zum Ablauf des siebten, auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags.

Eine wöchentliche Aufzeichnung soll grundsätzlich nicht möglich sein. Die Aufzeichnung kann durch den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer selbst oder Dritte erfolgen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Aufzeichnung an den Arbeitnehmer oder eine Führungskraft delegieren kann. Fraglich bleibt der Umgang mit versäumten Buchungen oder Korrekturen. Im Gesetzentwurf wird mehrfach betont, dass die Aufzeichnungspflichten die Möglichkeit von Vertrauensarbeitszeit nicht beeinträchtigt. Dies gilt aber nur dann, wenn man „Vertrauensarbeitszeit“ so definiert, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hinsichtlich der Wahl seiner Arbeitszeit vertraut. Ein Verzicht auf die Überwachung des Umfangs der Arbeitszeit wird hingegen grundsätzlich nicht mehr möglich sein.

Eine Dokumentation auf Papier, so wie bisher noch möglich, ist damit nicht mehr zulässig – auch nicht, wenn das Papier anschließend gescannt wird. Zudem bedeutet „elektronisch“ keine bestimmte Art der Aufzeichnung. Neben einer elektronischen Stechuhr kommen demnach auch Apps für Smartphones oder „herkömmliche Tabellenkalkulationsprogramme“ infrage. Ebenso ist eine kollektive Erfassung, z.B. über elektronische Schichtpläne, zulässig. Hieraus müsse dann aber Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit je Mitarbeiter ersichtlich sein. Abweichungen wie Urlaube, Krankheitstage oder Überstunden sind separat zu erfassen.

Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass Aufsichtsbehörden bei einer Kontrolle nachvollziehen können sollten, ob Arbeitgeber ihre Beschäftigten über die korrekte Erfassung informiert und diese stichprobenmäßig auch kontrolliert haben. Dies kann z.B. mit der jährlich nötigen Unterweisung zu Gefahrenstoffen in der Praxis kombiniert werden. Das Protokoll über die Unterweisung sollten die Mitarbeiter dann ohnehin unterschreiben.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Aufzeichnungen für die Dauer von höchstens 2 Jahren aufzubewahren.

Auf Wunsch des Arbeitnehmers - oder bei Jugendlichen ebenso deren Sorgeberechtigte - muss der Arbeitgeber über die aufgezeichneten Arbeitszeiten informieren und ihm auch eine Kopie übergeben. Die Aufzeichnungen können auch von der Aufsichtsbehörde oder dem Betriebsrat auf Verlangen eingesehen werden.

Ausnahmen für Kleinbetriebe

Kleinbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern müssen laut Entwurf nicht zwingend elektronisch aufzeichnen. Unter diese Regelung fallen die meisten Arztpraxen. Bei bis zu 50 Mitarbeitern muss ab spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Arbeitszeit elektronisch erfasst werden.

Für die Ermittlung der Mitarbeiter-Anzahl wird die Wochenarbeitszeit der Mitarbeiter wie folgt berücksichtigt

  • bis zu 20 Stunden als 0,5,
  • 21 bis 30 Stunden als 0,75,
  • ab 31 Stunden als 1.

Auszubildende und Minijobber sind mitzurechnen, Arbeitgebende hingegen nicht.

Weitere Ausnahmen und Abweichungen sowie die Anwendung von flexiblen Arbeitszeitmodellen der Vertrauensarbeitszeit sind laut dem Gesetzentwurf ausschließlich im Rahmen von Tarifverträgen möglich.

Das Gesetz soll zu Beginn des folgenden Quartals nach Verkündung in Kraft treten. Nach aktuellem Zeitplan könnte dies in Q3/2023 sein.

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