Lieferengpässe von Arzneimitteln - Sonderregelung soll vor Regressen schützen

Während der Corona-Pandemie wurden die strikten Abgaberegeln für Arzneimittel flexibilisiert und gelockert. Ziel war es, aus infektiologischer Sicht die Zahl der Kontakte im Falle der Nichtverfügbarkeit des rezeptierten Arzneimittels zu reduzieren. In der Zwischenzeit wurden alle Corona-Sonderregeln aufgehoben. Als letztes Relikt aus der pandemischen Situation bleiben die erweiterten Austauschmöglichkeiten für Apotheken bis zum 31. Juli 2023 bestehen – jetzt aber nicht als Maßnahme des Infektionsschutzes, sondern als Maßnahme zur Linderung der überall spürbaren Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Mit dem geplanten Lieferengpassgesetz sollen diese Regelungen dann eine neue gesetzliche Grundlage erhalten und dauerhaft gelten.

Die Pharmazeutische Zeitung berichtet, dass die Apotheken ihre Patienten in rund 16 Millionen Fällen auf der Basis dieser Regelungen schneller und flexibler versorgen konnten. Doch was bedeutet dies für die Wirtschaftlichkeit der verordneten Arzneimittel, wenn die Apotheke ggf. eine kleinere Packung bzw. ein teureres Arzneimittel abgibt? Drohen den Praxen in Zukunft wieder Prüfungen und Regresse? Wir beschreiben den Stand der Dinge.

Die aktuell gültigen Regelungen zur Abgabe rabattierter Arzneimittel in Apotheken

Ohne Rücksprache mit dem Arzt darf in der Apotheke

  1. von der Packungsgröße,
  2. von der Wirkstärke,
  3. von der Packungszahl abgewichen oder
  4. Teilmengen aus größeren Packungen entnommen und abgegeben werden.

Es gilt die Bedingung, dass die vom Arzt verordnete Gesamtwirkstoffmenge nicht überschritten wird.

Nach erfolgter Arztrücksprache darf die Apotheke weiterhin

  1. das aut-idem-Kreuz ignorieren,
  2. vom Wirkstoff oder der Darreichungsform abweichen, wenn ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel zur Abgabe zur Verfügung steht.

Die Apotheken müssen ihre Abweichungen auf dem Rezept mit einer Sonder-PZN (Pharmazentralnummer) dokumentieren, um abrechnen zu können.

Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit

Bei Lieferengpässen kann es notwendig sein, dass Ärzte ein teureres Medikament oder kleinere Packungsgrößen verordnen müssen. Auch ein entsprechender Austausch in der Apotheke ist zulässig. In manchen Fällen müssen Ärzte auch auf einen anderen Wirkstoff ausweichen. Dadurch können die Verordnungskosten einer Arztpraxis steigen und sie laufen Gefahr, gültige Wirtschaftlichkeitsziele ggf. nicht zu erreichen. Im schlimmsten Fall drohen Prüfungen und Regresse.

Deshalb haben sich jetzt KBV und GKV-Spitzenverband auf die Empfehlung an die regionalen Vertragspartner – KVn und Landesverbände der Krankenkassen – geeinigt, die Auswirkungen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln in Wirtschaftlichkeitsprüfungen gesondert zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass es sich um Arzneimittel und Medizinprodukte handelt, die auf der Lieferengpass-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stehen (Link untenstehend).

Im Einzelfall ist es für die Praxen empfehlenswert - insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln - eine Therapieentscheidung für ein Präparat in der Patientenakte zu dokumentieren, wenn ein Lieferengpass ursächlich ist.

Darüber hinaus drängt die KBV darauf, dass mit dem Arzneimittel- Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) auch eine entsprechende gesetzliche Regelung zur Absicherung der Praxen in den § 106b des SGB V aufgenommen wird.

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