Zweitmeinungen in der Gynäkologie – wie ist der Stand der Umsetzung?

Hintergrund

Gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten haben einen Anspruch auf eine Zweitmeinung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt seit 2018 die Indikationen in der sog. Zweitmeinungs-Richtlinie (Zm-RL) fest. Für die Zweitmeinung werden elektive Operationen und Eingriffe mit quantitativer Bedeutung ausgewählt. In der Gynäkologie haben Patientinnen mit geplanter Hysterektomie Anspruch auf eine Zweitmeinung.

 

Gemäß § 9 der Zm-RL stellen die KVn auf ihren Homepages Informationen zum Zweitmeinungsverfahren zur Verfügung. Hier können auch Zweitmeiner gesucht werden. Um parallel dazu einen Zugriff auf eine bundesweit einheitlich gestaltete Suche zu ermöglichen, stellt die KBV unter www.116117.de/zweitmeinung eine Suchmöglichkeit für eine bundesweit mögliche Zweitmeinersuche zur Verfügung.

Der für die Zweitmeinung involvierte Arzt prüft die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs und schlägt dem Patienten ggf. Behandlungsalternativen vor. Sowohl der indikationsstellende als auch der die Zweitmeinung abgebende Arzt können die Leistung abrechnen. Ärzte, die sich am Zweitmeinungsverfahren beteiligen wollen, benötigen eine Genehmigung ihrer KV.

Gemäß § 10 Absatz 1 der Zm-RL aggregiert die KBV einmal jährlich zum 30. September die Informationen aus den 17 KVn in Form eines Berichts an den G-BA. Dieser hat den aktuellen Bericht für das Jahr 2020 zur Umsetzung der Zm-RL im April 2022 veröffentlicht.

Ergebnisse

420 Gynäkologen haben eine Genehmigung der KV als Zweitmeiner.

2020 wurden 85 Anträge auf Genehmigung gestellt und 63 Genehmigungen erteilt. 22 Anträge wurden abgelehnt. 5 Zweitmeiner beendeten ihre Tätigkeit.

 

Bewertung

Der Bericht zeigt, dass nur wenige Gynäkologen die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung einer Zweitmeinung haben. Laut Bundesarztregister nehmen 12.794 Gynäkologen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Demnach haben lediglich 3,3 % der Gynäkologen die Abrechnungsgenehmigung als Zweitmeiner.

Der Bericht macht leider keine Angaben wie häufig tatsächlich das Zweitmeinungsverfahren in der Praxis umgesetzt wird. Da der indikationsstellende Arzt für Aufklärung und Beratung die 01645 abrechnen kann und der indikationsstellende Arzt alle Leistungen im Zusammenhang mit der Zweitmeinung im freien Begründungsfeld (Feldkennung 5009) bei einer geplanten Hysterektomie die Kennzeichnung 88200B einträgt, wären quantitative Aussagen möglich.

Da der obligate Leistungsinhalt der 01645 nicht nur die Aufklärung und Beratung, sondern auch die Zusammenstellung, Fotokopie und Aushändigung von Befundmitteilungen, Berichten, Arztbriefen und anderen patientenbezogenen Unterlagen an den Patienten sowie eine Information zu geeigneten Zweitmeinungsärzten für „sagenhafte“ 8,45 EUR beinhaltet, steht zu befürchten, dass die Indikation in der Praxis eher selten gestellt wird. Seit diesem Jahr ist diese Leistung auch noch im Budget „versenkt“, was eine betriebswirtschaftliche Leistungserbringung noch weniger möglich macht.

Leider ist die Zweitmeinung in der jetzigen Ausgestaltung ein typisches Beispiel wie ein gesetzlich verankerter Anspruch der Versicherten für ein wichtiges Anliegen in der Praxis bürokratisch und unterfinanziert umgesetzt wird.

X

Sie haben bereits einen Campus-Login?

Jetzt einloggen!

DocCheck Login


Sie haben noch keinen Campus-Login?

Dann registrieren Sie sich jetzt und erhalten Zugriff auf alle Dokumente und Medien!
Unseren Newsletter erhalten Sie, wenn Sie unten einen Haken setzen.
Falls Sie Ihr Passwort nicht mehr wissen, können Sie es hier zurücksetzen. 

CAPTCHA-Bild zum Spam-Schutz Wenn Sie das Wort nicht lesen können, bitte hier klicken.