Psychische Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz – was können und müssen Arbeitgeber tun?

Arbeit in Gesundheitsberufen kann krank machen

Beschäftigte in Branchen mit Personalnot und Fachkräftemangel haben ein höheres Gesundheitsrisiko als der Durchschnitt der Beschäftigten. Ein Viertel leidet unter Schmerzen, ein Drittel hat Schlafstörungen, mehr als die Hälfte ist komplett erschöpft. Der Krankenstand in Mangelberufen ist bereits heute mit bis zu 7,0 % überdurchschnittlich hoch.

 

Und das Gesundheitswesen ist ein Hotspot für die berufsbedingte Belastung und ihre Folgen. Eine besondere Bedeutung haben psychische Belastungen für die Beschäftigten, aber auch die Arbeitgeber. Dies zeigen die zentralen Ergebnisse des aktuell publizierten Psychreports der DAK 2023

  • Die Ergebnisse zeigen einen Anstieg der Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen um 48 % im Zehn-Jahresvergleich
  • Eine besonders hohe Zunahme von Krankschreibungen, z.B. wegen Depressionen oder Ängsten, findet sich bei jungen Frauen und Männern.
  • Am stärksten sind Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen betroffen.
  • Depressionen sind der wichtigste Krankschreibungsgrund (118 Fehltage je 100 Versicherte) 2022.
  • An zweiter Stelle stehen Belastungs- und Anpassungsstörungen (stärkster Zuwachs mit einem Plus von 12,4 %).

Und dies ist auch nachvollziehbar. Der Personalmangel, fordernde Patienten, eine überbordende Bürokratie und die insuffizient funktionierenden Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) hinterlassen ihre Spuren. Die resultierende zunehmende Arbeitsverdichtung kann krank machen.

 

Jeder Arbeitgeber ist in der Pflicht, die Gesundheit seiner Beschäftigten zu schützen

Deshalb ist es sinnvoll, dass jeder Arbeitgeber die psychischen Belastungen seiner Beschäftigten im Blick hat und geeignete Maßnahmen ergreifen sollte, um diese zu minimieren. Nicht allen ist bewusst, dass es eine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber – und dies bereits seit 2013 – gibt, neben den körperlichen auch die psychischen Einflussfaktoren am Arbeitsplatz zu erfassen und zu beurteilen.  Dies gilt ohne Ausnahmen auch für Praxen – von der Einzelpraxis bis zum großen MVZ. Der/die Praxisinhaber ist/sind verpflichtet, die psychischen Belastungen frühzeitig zu identifizieren und diesen entgegenzuwirken, um gesundheitsrelevante Beeinträchtigungen und Unfälle zu vermeiden.

Der erste Schritt ist meist eine strukturierte Mitarbeiterbefragung mithilfe standardisierter Fragebögen. Der nächste Schritt ist es, die Ergebnisse umzusetzen – und mit den Beschäftigten zusammen Lösungen für die gefundenen Probleme zu erarbeiten. Die getroffenen Maßnahmen sollten dann im Verlauf überprüft und die Ergebnisse dokumentiert werden.

 

Planung des Ablaufs

  1. Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereiche der Mitarbeiter definieren
  2. Ermittlung der Belastung der Mitarbeiter, die sich aus den Tätigkeiten bzw. Rollen ergeben
  3. Bewertung der Ergebnisse, z.B. im Rahmen eines Team-Workshops
  4. Entwicklung und Umsetzung von Gegenmaßnahmen
  5. Wirksamkeitskontrolle durch regelmäßige Nachfragen/Überprüfungen und ggf. Aktualisierung
  6. Dokumentation der Ergebnisse

Hier halten die Deutschen Rentenversicherung, die Berufsgenossenschaften sowie zahlreiche Unternehmen zum Arbeitsschutz ausführliche Informationsmaterialien vor. Für die Befragung zur Ermittlung der psychischen Belastung wird z.B. der Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA) häufig eingesetzt. Der KFZA ist ein praktisches Screening-Tool bestehend aus 26 Fragen, wenn Wert daraufgelegt wird, Mitarbeiter nicht zu überfordern und die Teilnahmeschwelle möglichst niedrig zu halten.

 

Erst die Umsetzung führt zum Erfolg

Viele Beschäftigten reagieren bereits positiv, wenn psychische Belastungen, die der Job mit sich bringt, im gesamten Team thematisiert werden., also wenn der/die Chef(s) die Problematik sehen. Wenn allerdings nach einer Befragung einfach zur Routine zurückgekehrt wird, dann sind Frustreaktionen der Mitarbeiter vorprogrammiert. Natürlich kann kein Praxisinhaber die Arbeitsverdichtung ungeschehen machen. Aber dies ist sicher kein Argument, um die Hände in den Schoß zu legen.

Muss man jetzt den ganzen Praxisbetrieb auf den Kopf stellen? Nein, Aktionismus ist sicher nicht angezeigt. Bereits kleinere Maßnahmen wie z.B. veränderte Telefonsprechzeiten, die Einführung einer Online-Terminvergabe oder die Einrichtung eines Arbeitsplatzes im Homeoffice für die Abrechnung und andere Verwaltungstätigkeiten sind in vielen Fällen wirksam, Stressspitzen zu reduzieren. Arbeitgeber erzielen durch diese Maßnahmen eine ganze Reihe häufig langfristig wirksamer positiver Effekte wie ein verbessertes Betriebsklima, mehr Mitarbeiterzufriedenheit, weniger Fehltage und insgesamt eine Erhöhung der Produktivität.

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