Honoraroptionen der offenen Sprechstunden werden häufig nicht genutzt

Hintergrund - Wir haben in den vergangenen Monaten immer mal wieder auf das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und seine Möglichkeiten, extrabudgetären Honorarumsatz zu erzielen, verwiesen. Für Gynäkologen hat neben der Behandlung von Neupatientinnen die Versorgung von Patientinnen über die offenen Sprechstunden die größte betriebswirtschaftliche Bedeutung. Von vielen Praxen werden die Möglichkeiten der offenen Sprechstunde allerdings nur unzureichend genutzt.

Nutzung der TSVG-Konstellationen & Kennzeichnungspflicht

Gynäkologen rechnen ca. 10 bis 15% ihrer Patientinnen als Neupatienten ab; zu erwarten wären ca. 25 bis 30%. Bei ca. 5% der Patientinnen wird der Schein als „offene Sprechstunde“ angelegt. Hier hat der Gesetzgeber im TSVG eine Obergrenze von 17,5% der Patientinnen der Fachgruppe der Praxis definiert.

Zu Erinnerung Obergrenze offene Sprechstunde:

  • KBV und Krankenkassen hatten sich auf diese Obergrenze geeinigt, um Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Leistungen der offenen Sprechstunde überflüssig zu machen. Die Leistungen können also ohne Sorge vor Wirtschaftlichkeitsprüfungen abgerechnet werden. Wird diese Obergrenze gerissen, wählt ein Zufallsgenerator der KV die Fälle bis zur Obergrenze aus. Die Budgetleistungen der restlichen Fälle werden entsprechend der Honorarsystematik vergütet. Eine Sanktion erfolgt also auch in dieser Konstellation nicht.

 

Bei knapp 50% der Patientinnen gibt es demnach die Chance, die Leistungen extrabudgetär abzurechnen, d.h. der Budgetierung effektiv zu entziehen.

In diesem Zusammenhang ist eine Gesetzesänderung aus dem Sommer 2021 relevant. Da in einzelnen KVn sehr unterschiedliche Häufigkeiten der Kennzeichnung von TSVG-Konstellationen auftraten, hat der Gesetzgeber eine Kennzeichnungspflicht durch die Praxen beschlossen.

Einige KVn übernehmen diese Aufgabe in Vertretung für die Praxen. Allerdings stehen einige KVn auf dem Standpunkt, dass dies Aufgabe der Praxis ist und nehmen selbst keine Nachkennzeichnung vor. Die KV kann jedoch nur die Neupatientinnen einer Praxis identifizieren und nachträglich kennzeichnen.

Dies bedeutet, die Patientinnen, die über die offenen Sprechstunden versorgt werden, müssen durch die Praxen selbst markiert und abgerechnet werden. Es gibt immer noch Praxen, die der Meinung sind, dass auch diese Fälle durch die KVn nachmarkiert werden. Das ist ein Irrtum, der Auswirkung auf das Honorar haben kann!

Bedeutung der offenen Sprechstunde

In den vergangenen Quartalen gab es Corona-bedingte Sondereffekte bei Abrechnung & Honorar, die möglicherweise die Umsetzung des TSVG in den Hintergrund haben treten lassen. Hier seien beispielhaft die Corona-Impfungen und die hohen Restwertvergütungen von Leistungen der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV, d.h. überwiegend Budgetleistungen) genannt.

Das vom Deutschen Bundestag am 04. März 2021 beschlossene sog. EpiLage-Fortgeltungsgesetz ist am 25.11.2021 durch einen Antrag der neuen Ampel-Koalition ausgelaufen. Mit diesem Gesetz wurde die Verlängerung der unterschiedlichen Regelungen zur Bewältigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite zusammengefasst, u.a. auch die Verpflichtung der Krankenkassen, die MGV unabhängig vom tatsächlich abgerechneten Leistungsvolumen auszuzahlen. Dies war die Grundlage für eine z.T. deutlich höhere Restwertvergütung im Jahr 2021.

Die Pandemie ist im Januar 2022 keineswegs vorbei, aber honorartechnisch müssen sich die Praxen hinsichtlich der Restwertvergütung wieder an „Normalkost“ gewöhnen. Deshalb sollten Sie 2022, wenn Sie über Budget abrechnen, die offene Sprechstunde verstärkt in den Blick nehmen. So haben Sie die Möglichkeit, die Budgetüberschreitung wirksam zu reduzieren und die erbrachten Leistungen extrabudgetär zum vollen Punktwert vergütet zu bekommen.

 

 

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