Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Arzneimitteln – viel seltener als gedacht
Grundprinzipien der Steuerung der Wirtschaftlichkeit
In allen 17 KVn haben sich unterschiedliche Regeln zur Steuerung der Verordnungen etabliert.
Es können drei Grundprinzipien unterschieden werden:
Steuerung über
- Kosten
- Quoten
- Kosten in Kombination mit Quoten
Die Einhaltung entweder aller oder einer Mindestanzahl von Quoten führt in vielen KVn zu zwei möglichen Ergebnissen
- Die Verordnungen der Praxis bzw. der Fachgruppe werden insgesamt als wirtschaftlich angesehen, es resultiert also eine „Befreiung“ von weiteren Prüfungen.
- Die Kosten der verordneten Wirkstoffgruppen mit eingehaltenen Quoten werden im Falle einer Prüfung von den entstandenen Verordnungskosten abgezogen. In diesem Fall kann die Praxis durch die eingehaltenen Quoten wieder unter die jeweilige Prüfgrenze rutschen, um damit wieder insgesamt hinsichtlich der Verordnungskosten unauffällig zu sein.
Quoten können fachgruppenspezifisch oder fachgruppenübergreifend formuliert werden. Typischerweise handelt es sich im hausärztlichen Bereich um Mindestquoten für Generika, Rabattvertragsarzneimittel und substanzgruppenspezifische Quoten, wie z.B. in der KV Sachsen ein Mindestanteil Norethisteron-, Norgestimat- und Levonorgestrelhaltiger Kombipräparate.
Die in vielen KVn definierten Wirtschaftlichkeitsziele sind ein Angebot, eine weitere Möglichkeit, falls die Praxis mit den Verordnungskosten auffällig geworden ist. In der weit überwiegenden Zahl liegen die Verordnungskosten aber unter, z.T. sogar weit unter den jeweiligen Auffälligkeitsgrenzen. Die Quoten sind also in der Mehrzahl der Fälle irrelevant. Es ist also nicht korrekt, wenn viele Niedergelassene der Überzeugung sind, dass beide Ziele, Kosten und Quoten – einzuhalten sind.
Prüfungen und Regresse – die Realität
Seit einigen Jahren ist die Zahl der Auffälligkeitsprüfungen in allen KVn stark rückläufig. Es sind nur noch eine Handvoll Praxen betroffen, Regresse sind Raritäten. „Beratung vor Regress“, aber auch die in vielen KVn etablierten Quotenmodelle mit deren Einhaltung man die Wirtschaftlichkeit der Verordnungen nachweisen kann, haben dazu beigetragen, dass sich die Gesamtzahl der „großen Prüfungen“ und daraus resultierender Regresszahlungen im niedrigen Promillebereich bewegt.
Für eine Umfrage der Ärztezeitung zu Regressen als Ergebnis statistischer Auffälligkeitsprüfungen für das Jahr 2018 lieferten 11 KVn Angaben. Danach wurden nur 49 Regresse verhängt. Viele KVn sind seit Jahren komplett „prüfungsfrei“. Eine gewisse Ausnahme stellt die KV Baden-Württemberg dar. Hier wurden für 2018 allein 43 Regresse mit einer Regresssumme von 940.000 EUR ausgesprochen.
Existenzgefährdende Regresse allein aufgrund der Höhe der Regresssumme gibt es aber nicht mehr.
Auf alle 17 KVn hochgerechnet ergibt sich für die Gesamtzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte somit eine Häufigkeit von 0,065%. Die Häufigkeit dürfte auch als Orientierung für die Wahrscheinlichkeit für einen Arzneimittelregress in den Folgejahren passen.
Für die Praxis
- Die „gefühlte Bedrohung“ durch Arzneimittel-Regresse ist viel höher als die tatsächliche Zahl der verhängten Regresse.
- Die Regionalisierung der Prüfmechanismen mit ergänzenden Quoten für Wirtschaftlichkeitsziele hat dazu beigetragen, dass viel weniger Praxen überhaupt mit ihren Verordnungen auffällig werden.
- „Beratung vor Regress“ hat die Situation noch einmal entschärft. Regresse nach statistischen Auffälligkeitsprüfungen spielen sich im Promillebereich ab.
Quellen:
- Ärztezeitung, Bericht „Arzneimittel-Regress: Es trifft weniger, als man denkt“ vom 08.12.2021