GESUNDHEITSPOLITIK

Höhere Kosten für Arztpraxen

Das Statistische Bundesamt hat eine aktuelle Analyse zu den Kosten und Ergebnissen von Arztpraxen im Jahr 2022 vorgelegt. Für die Auswertung wurden alle Einzelpraxen, Gemeinschaftspraxen und MVZ herangezogen. Davon ausgenommen sind Zahnarztpraxen und psychotherapeutische Praxen.

Diese Analyse zeigt, dass die Kosten von Arztpraxen stark gestiegen sind. Im Durchschnitt erhöhten sich die Aufwendungen pro Praxis um 11 % gegenüber dem Vorjahr. Parallel stiegen zwar auch die durchschnittlichen Einnahmen, allerdings nur um ca. 5,3 %.

Dadurch sank der Reinertrag der Praxen um insgesamt 1,5 % auf ca. 331.000 Euro. Im Vorjahr lag dieser noch bei 335.000 Euro. Der Reinertrag ist noch nicht der Gewinn oder das Einkommen einer Praxis. Von diesem sind Kosten z.B. für Alters- oder Krankenversicherung noch abzuziehen, um das Einkommen einer Praxis zu bestimmen.

Allerdings ist dieser Reinertrag stark von Praxen mit sehr hohen Einnahmen und Aufwendungen beeinflusst. Betrachtet man nur Praxen, die Einnahmen bis 487.000 EUR erzielen, liegt der Reinertrag nur noch bei ca. 230.000 Euro.

Blick auf gynäkologische Praxen

An der Erhebung beteiligten sich auch 350 Praxen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die Entwicklung von 2021 zu 2022 stellt sich bei den ausgewerteten fachgleichen gynäkologischen Einzel- und Gemeinschaftspraxen etwas erfreulicher dar als in der Gesamtschau aller Praxen und der Reinertrag stieg im Durchschnitt sogar ein wenig:

Der größte Kostenblock bei den Aufwendungen sind in den gynäkologischen Praxen nach wie vor die Personalkosten mit ca. 159.000 EUR für Gehälter und Sozialaufwendungen. Im Durchschnitt werden also fast 30 % der Einnahmen wieder für Personal ausgegeben. In Einzelpraxen ist dieser Anteil mit 27,9 % etwas niedriger und in Gemeinschaftspraxen mit 31,9% etwas höher.

Die Personalkosten verteilen sich im Durchschnitt bei einer gynäkologischen Einzelpraxis auf fünf angestellte Beschäftigte. Davon sind ca. drei bis vier Mitarbeiter als MFA, MTA oder Krankenschwester tätig und die anderen als sonstige Beschäftigte.

Danach folgen mit jeweils ca. 6 % Aufwendungen für Miete und Leasing sowie sonstige betriebliche Aufwendungen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend hat sich für die gynäkologischen Praxen im Vergleich zum Vorjahr kaum etwas verändert. Im Vergleich zu den Einnahmen sind die Aufwendungen etwas stärker gestiegen, wodurch der Reinertrag nur minimal gewachsen ist.

Jedoch sollte man diese Entwicklung im Blick behalten. Durch die nach wir vor anhaltende Inflation und die Tarifabschlüsse bei den MFA wird sich im Bereich der Aufwendungen nicht viel ändern. Betriebswirtschaftlich gesehen, ist es also Wert die Einnahmeseite zu stärken.


Im Ausland krankenversicherte Patienten – Hinweise zum Ablauf der Versorgung in der Praxis

Hintergrund

Immer mehr Menschen aus dem Ausland besuchen Deutschland als Touristen oder leben und arbeiten vorübergehend hier. Im Erkrankungsfall sind je nach Herkunftsland der Patientin unterschiedliche Konstellationen zu beachten. Die nachstehende Tabelle fasst die drei grundsätzlichen Optionen mit ihren Konsequenzen für die Abrechnung zusammen:

Wir möchten Ihnen in diesem und dem nächsten Beitrag die ersten beiden Konstellationen mit ihren Regeln zur ambulanten Versorgung noch einmal aufzeigen und darlegen, was Sie dabei beachten sollten.

Alle anderen Patientinnen, die nicht unter eine dieser beiden Optionen fallen, werden grundsätzlich wie Privatpatientinnen behandelt. Leistungen werden privat über die GOÄ abgerechnet und auch Verordnungen erfolgen über Privatrezept.

Teil 1 Patienten aus der EU, EWR, Schweiz und Großbritannien

Rechtsgrundlage

Für Patientinnen aus der EU bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gilt die EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Dem Europäischen Wirtschaftsraum gehören neben den EU-Ländern weitere Länder an, die nicht Mitglied der EU sind. Das sind Norwegen, Liechtenstein und Island.

EU und EWR betreffen daher folgende Länder:

Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden,  Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern

Zusätzlich gelten die nachfolgenden Regelungen auch für die Schweiz und Großbritannien.

Da es sich in der ambulanten Versorgung in erster Linie um akut notwendige Behandlungen im Rahmen einer Geschäfts- oder Urlaubsreise handelt, konzentrieren wir uns auf den Ablauf im Rahmen der Akutversorgung. Bürgerinnen aus den o.g. Staaten, die hier leben, sind in der Regel bei einer deutschen Krankenkasse versichert.

Was ist also zu tun, wenn eine Patientin aus Belgien morgens mit starken Zwischenblutungen in die Praxis kommt und keine deutsche eGK vorlegen kann? Sie hat aber ihre belgische Krankenversicherungskarte dabei.

1. Anspruchsnachweis prüfen

Patientinnen aus oben genannten Ländern haben im Akutfall Anspruch auf alle Sachleistungen, die für die Versorgung medizinisch notwendig sind.

Die Patientin muss eine der folgenden Anspruchsnachweise in der Praxis vorweisen können:

Bürger der EU und dem EWR sowie der Schweiz und Großbritannien haben im Normalfall eine Europäische Krankenversichertenkarte (EHIC)

Die Erkennungsmerkmale der Karte sind auch auf der Homepage der Europäischen Kommission anschaulich dargestellt: https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=653&langId=de

  • Patientinnen aus Großbritannien können auch eine Global Health Insurance Card (GHIC) haben
  • Liegt keine Versichertenkarte im Kartenformat vor, hat die Patientin ggf. eine Provisorische Ersatzbescheinigung (PEB)

2. „Patientenerklärung europäische Krankenversicherung“ ausfüllen

Diese ist im Praxisverwaltungssystem (PVS) in unterschiedlichen Sprachen hinterlegt. Wählen Sie eine für die Patientin passende Sprache aus und drucken die Erklärung aus. Die Patientin muss diese ausfüllen und unterschreiben.

3. Identität der Patientin prüfen

Anhand eines offiziellen Ausweisdokuments (Personalausweis, Pass, Führerschein) prüfen Sie die Identität der Patientin und gleichen die Angaben mit denen in der Patientenerklärung ab.

Ergänzen Sie den unteren Teil der Erklärung mit Ihren Praxisangaben und unterschreiben die Erklärung ebenfalls.

4. Scheinanlage im PVS und Wahl einer aushelfenden deutschen Krankenkasse

Die Patientin muss eine aushelfende deutsche Krankenkasse wählen. In den meisten Fällen wird die Patientin keine kennen, daher wählen Sie am besten eine Krankenkasse aus Ihrer Region aus.

Für die Dauer der gesamten Behandlung und ggf. Folgebehandlungen ist die Patientin an diese Krankenkasse gebunden.

Die ausländischen Versichertenkarten können nicht über das Kartenterminal eingelesen werden. Daher ist auf die ausgewählte Krankenkasse ein Ersatzfall anzulegen. Geben Sie als Versichertenart 1 an. Das bestätigt, dass die Patientin versicherungspflichtig ist. Kennzeichnen Sie den Fall als Behandlungsfall im Rahmen der zwischenstaatlichen Versorgung (besondere Personengruppe Ziffer 07).

5. Information der aushelfenden Krankenkasse

Machen Sie eine Kopie der Versichertenkarte bzw. Ersatzbescheinigung und der ausgefüllten Patientenerklärung. Bitte senden Sie beide Dokumente noch am gleichen Tag zur Kenntnis an die Krankenkasse.

6. Aufbewahrung in der Praxis

Machen Sie sich eine zweite Kopie von Anspruchsnachweis und Patientenerklärung und bewahren dies zwei Jahre in der Praxis auf.

7. Leistungserbringung und Abrechnung

Bitte berücksichtigen Sie bei Ihren diagnostischen und therapeutischen Leistungen die voraussichtliche Aufenthaltsdauer der Patientin in Deutschland, z.B. bei der Verpackungsgröße im Rahmen von Arzneimittelverordnungen.

Alle erbrachten Leistungen rechnen Sie wie gewohnt gemäß EBM über die Quartalsabrechnung mit der KV ab.

Für Verordnungen von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln nutzen Sie die üblichen Formulare.

Bitte beachten Sie, dass diese Patientinnen das Papierrezept nach Muster 16 erhalten. Das eRezept kommt nicht in Betracht.

Überweisungen tätigen Sie auf Muster 6.

Eine notwendige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstellen Sie ebenfalls als Papierausdruck in dreifacher Ausfertigung für die Patientin.

 

Besonderheit bei fehlendem Anspruchsnachweis

Die Vorlage der EHIC oder GHIC können von der Praxis nur am Behandlungstag selbst oder am nächsten Werktag akzeptiert werden.

Kann die Patientin zur Behandlung auch keine Ersatzbescheinigung vorlegen, müssen die Leistungen privat abgerechnet werden und auch Versordnungen erfolgen dann über Privatrezept.

Reicht die Patientin spätestens zum Quartalsende (vor Abgabe der Abrechnung) eine Ersatzbescheinigung ein, erhält sie das bereits gezahlte Honorar erstattet. Dann können die Leistungen über die KV abgerechnet werden.

Zusammenfassung

  • Es muss ein Anspruchsnachweis in Form einer Gesundheitskarte oder einer Ersatzbescheinigung vorliegen.
  • Es dürfen alle medizinisch notwendigen Leistungen im Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts in Deutschland erbracht oder verordnet werden.
  • Bei fehlendem Anspruchsnachweis müssen die Leistungen und Verordnungen privat liquidiert werden.